Krankenstand und „Krankenkontrolle“

 

 

 

ABENTEUER EINES UNTERNEHMERS. Der Inhaber eines Salzburger Unternehmens mit mehreren Filialen lernte, wie im Nachbarbundesland Oberösterreich Krankenstand und „Krankenkontrolle“ definiert werden. Als er die ärztlich genehmigte Abwesenheit einer Mitarbeiterin hinterfragen wollte, erlebte er einige Überraschungen.

                                                                                   

Die Vorgeschichte war unerfreulich, doch nicht außergewöhnlich. Ein Salzburger Unternehmer als Dienstgeber entschloss sich, aufgrund rückläufiger Ergebnisse seiner Filiale in Linz, eine Arbeitnehmerin zu kündigen. Neben den Umsatzeinbußen hatte es deutliche Abweichungen von den Verkaufsregeln und unzulässige Rabatte gegeben. Eine gut begründete Kündigung also. Offenbar wurde dies von der Betroffenen anders gesehen. Sie suchte einen Arzt auf, der die gerade aus dem Urlaub zurückgekehrte quietschfidele Frau für über einen Monat „krank“ schrieb.

 

Nachfragen bei der ÖGK

Der Unternehmer war über die Länge des verschriebenen Krankenstandes äußerst erstaunt und suchte Rat bei der Wirtschaftskammer in Salzburg. Ein Arbeitsrechtler empfahl ihm, eine „Krankenkontrolle“ anzuregen. Gesagt, getan. Der Unternehmer kontaktierte die zuständige Bezirksstelle der ÖGK in Oberösterreich und bat darum, die Einhaltung des verfügten Krankenstandes zu überprüfen. Der Mitarbeiter am Telefon nahm die Daten auf und gelobte, das Verfahren in Gang zu setzen. Eine Woche später wurde der Telefonkontakt fortgesetzt. Frage des Unternehmers: „Wie schaut’s aus?“ Antwort der Gesundheitskasse: „Alles läuft.“ Wieder eine Woche später Wiederholung des Telefongesprächs mit fast identem Inhalt. Nachricht aus Oberösterreich: „Alles läuft.“ Am letzten Tag des „Krankenstandes“ fand der nächste Kontakt des Unternehmers mit der ÖGK-Stelle statt. Diesmal war eine Frau am Apparat, die einen wesentlich ungemütlicheren Ton anschlug: Selbst wenn bei der „Krankenkontrolle“ etwas herausgekommen wäre bekäme er, der Unternehmer, ohnehin keine Information dazu. Der Unternehmer: „Und wozu gibt’s dann diese Krankenkontrolle?“ Sie: „Es ist alles gesagt, auf Wiederhören.“ Neuerlicher Anruf des Unternehmers in der Arbeitsrechtsabteilung der Wirtschaftskammer Salzburg. Der Tippgeber (siehe „Krankenkontrolle“) ist scheinbar empört: „So geht’s auch wieder nicht“. Tatsächlich kontaktiert er die oberösterreichische Außenstelle der Krankenkassa – und berichtet am Nachmittag an den Unternehmer: Die Frau am dortigen Telefon sei sehr freundlich und „kooperativ“ gewesen. Sie habe um Verständnis dafür gebeten, dass die angeregte Krankenkontrolle leider bislang noch nicht durchgeführt worden sei. „Sie wissen ja, Urlaubszeit, und dann hatten wir selbst mehrere Krankenstände“. Aber: Man werde die Kontrolle jetzt im Nachhinein durchführen. Scherz am Rande: Dies sagte die Frau genau am Tag des Ablaufes des Krankenstandes.

 

Gemeinschaftliches Schulterzucken

Der Unternehmer schickte nun einen Brief an den Präsidenten seiner Wirtschaftskammer, in dem er fragte, wie dieser (und somit die Kammer) diese Geschichte beurteile. Antwort nach ein paar Tagen: Da könne man nix machen. Die Nachforschung des OÖ-Chefarztes habe keine Beanstandung ergeben und in die Autonomie jenes Arztes, der die Krankschreibung von über einem Monat verfügt hatte, könne man eben nicht eingreifen. Es gebe keine Möglichkeit, solche Krankschreibungen von irgendeiner Stelle überprüfen zu lassen. Er bedauere das sehr, schrieb der Präsident, und natürlich sei es schlimm, wie mit Krankenständen insgesamt Schindluder getrieben werde. 

 

Der Unternehmer als Depp

Als die gekündigte Dienstnehmerin sicher sein konnte, dass „die Luft rein“ war und ihr keine Gefahr in Form einer fristlosen Kündigung mehr drohte (offenbar funktionierten die lokalen Netzwerke in OÖ gut), schickte sie dem Unternehmer die Aufforderung zur Auszahlung von 20 noch offenen „Urlaubstagen“. Quasi eine kleine Wiedergutmachung für die rund 20 Tage, die sie im Krankenstand hatte leiden müssen. Mindestens zwei Fragen bleiben: Warum gibt es keine Möglichkeit der Kontrolle von Verschreibungen unglaubwürdig langer Krankenstände? Warum wird nicht endlich einmal diskutiert, dass eine „Gefälligkeitskrankschreibung“ durch den Arzt im Grunde den Tatbestand des Betruges erfüllt?