„Jenes Organ, das von der Verwaltungsgerichtsbarkeit kontrolliert werden soll, trifft die Bestellungsentscheidung.“

 

 

 

 

 

 

SPITZENPOSTEN. Sabine Matejka, die unterlegene Kandidatin bei der Bewerbung um die Führung des Bundesverwaltungsgerichts, hat die Gleichbehandlungskommission angerufen. Sie warnt davor, Gerichte in politische Postenvereinbarungen einzubeziehen.

Mag. Sabine Matejka                                                                                                                             

 

Anwalt Aktuell: Wie haben Sie sich eigentlich damals gefühlt, als Sie die Nummer eins auf der Liste der Bestellungskommission waren, aber der Drittplatzierte an die Spitze des Gerichts gestellt wurde?

 

Sabine Matejka: Grundsätzlich muss man dazu sagen, dass die Bundesregierung nicht gezwungen ist, einer Reihung einer Kommission zu folgen. Natürlich sollte sie gute Gründe haben, davon abzugehen. Das juristische Problem in meinem Fall ist, dass auch der Frauenförderplan zu beachten gewesen wäre. Dieser besagt, dass bei zumindest gleicher Eignung jedenfalls eine Frau zu bestellen ist. Ich war in diesem Bewerbungsverfahren die einzige Frau und – wie man es mir von der Kommission bestätigt hat – besser eingestuft als die beiden männlichen Kandidaten. Insofern sehe ich hier auch einen Verstoß gegen diese Bestimmungen. Es wird an der Entscheidung nichts ändern, kann aber in diesem Fall zu einem Schadenersatz führen

 

Anwalt AktuellGrundsätzliche Frage: Warum brauche ich dann eigentlich eine Bestellungskommission?

 

Sabine Matejka: Die Aufgabe der Kommission ist es, die fachliche Eignung zu prüfen. Insofern ist die Aufgabe der Kommission eine sehr wichtige. Aus meiner Sicht – nicht nur, weil ich davon betroffen bin – sollte das Gutachten der Kommission deutlich mehr Einfluss im Verfahren haben. Das Grundproblem, das ich in diesem und ähnlich gelagerten Bestellungsverfahren sehe, ist, dass in der Verwaltungsgerichtsbarkeit ausgerechnet jenes Organ, das von der Verwaltungsgerichtsbarkeit kontrolliert werden soll, letztlich die Entscheidung trifft. 

 

Anwalt AktuellWas denken Sie, wenn Sie von sogenannten „Sideletters“ der Regierung hören, in denen die Postenbesetzungen ohnehin schon vor der Bestellung ausgemacht worden sind?

 

Sabine Matejka: Ich habe das damals als Präsidentin der Richtervereinigung sehr kritisiert, dass Positionen in der Gerichtsbarkeit ebenfalls Teil von Abkommen sind. Funktionen in der Gerichtsbarkeit haben hier schlichtweg nichts verloren. Da sollte jede politische Partei darüber nachdenken, wie sie in Zukunft damit umgeht.

 

Anwalt AktuellIhr Fall hat ja doch einige Wellen geschlagen und man hätte sich denken müssen, dass eine gewisse Pause bei solchen Mauscheleien gehalten wird. Zuletzt wurde jedoch wieder ein sogenanntes „Personalpaket“ der Regierung verabschiedet, und wiederum waren zehn Richter des Bundesverwaltungsgerichts Thema dieser Absprache. Ist das nicht eigentlich dreist?

 

Sabine Matejka: Ich sehe auch ein massives Problem darin, dass man in ein solches Personalpaket Gerichte mit einbezieht. Das ist ein wirklicher Schaden, den man hier verursacht, insbesondere im Hinblick auf die Verwaltungsgerichtsbarkeit und ihre Verknüpfung mit der öffentlichen Verwaltung, weil man hier den Eindruck erweckt, als würde hier die Politik oder eine Partei Einfluss auf die Verwaltungsgerichtsbarkeit ausüben. Wir feiern heuer 10 Jahre neue Verwaltungsgerichtsbarkeit und es haben sich alle bemüht und auch gekämpft, um in der Öffentlichkeit als unabhängig wahrgenommen zu werden. Mein persönlicher Eindruck ist, dass es hier bei den Kolleginnen und Kollegen ein sehr starkes Bewusstsein für Unabhängigkeit gibt und dass die politischen Vorbehalte grundlos sind. Aber wenn dann Besetzungsverfahren – offenbar aus parteipolitischen Gründen – sehr lange hinausgezögert werden, dann schadet das massiv dem Vertrauen in die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Das ist für mich der größte Kollateralschaden in der ganzen Geschichte.

 

Anwalt Aktuell: Sie haben mehrfach gesagt, es schon im Jänner gewusst zu haben, dass Sie die angestrebte Führungsposition nicht bekommen. Woher haben Sie das gewusst?

 

Sabine Matejka: Fix gewusst habe ich’s nicht. Es hat aber bereits im September 2023 im Zusammenhang mit der Einigung bei der Bundeswettbewerbsbehörde das Gerücht gegeben, dass angeblich der drittgereihte Kandidat beim Bundesverwaltungsgericht vorgeschlagen werden soll. Bestätigt hat mir das nie jemand. Ich habe, nachdem dieses Gerücht seit September umgegangen ist, schon damit gerechnet, dass es so ausgehen wird.

 

Anwalt Aktuell: Lassen Sie die Sache jetzt auf sich beruhen?

 

Sabine Matejka: Ich bin mit anwaltlicher Vertretung vor die Bundesgleichbehandlungskommission gegangen. Diese wird ein Gutachten erstellen, inwieweit der Frauenförderplan verletzt wurde oder ob eine Diskriminierung erfolgt ist. Das hat keine unmittelbaren Konsequenzen. Der nächste Schritt wäre dann, einen Schadenersatz geltend zu machen, entweder auf dem Verwaltungs- oder auf dem Amtshaftungsweg.

 

Anwalt Aktuell: Und das werden Sie tun?

 

Sabine Matejka: Das habe ich mir noch vorbehalten, aber ich gehe davon aus, dass wir diesen zweiten Schritt auch noch gehen werden.