Die Diskussion um stundenbasierte Verrechnungsmodelle ist nicht neu, wird jedoch durch den aktuellen KI-Hype neu entfacht. Unternehmensjuristinnen und -juristen stellen berechtigterweise die Frage, warum starre Stundensätze weiterhin die Norm sein sollten, wenn sie selbst unter Effizienz- und Kostendruck stehen.

 

Ein Blick hinter die Kulissen

Moderne Rechtsabteilungen beschäftigen sich nicht mehr nur mit der reinen Abarbeitung der Anfragen, sondern entwickeln sich immer mehr zu einer Service Unit mit Unternehmergeist, Innovationsmotor und Problemlösungskompetenz. Das Berufsbild der Unternehmensjurist:in ist längst nicht mehr beschränkt auf die reine Rechtsberatung. Um einen aktiven Mehrwert im Unternehmen zu leisten, erarbeiten sie eine eigene Abteilungsstrategie und agieren als Projektleiter:innen und Risikomanager:innen. Um den Anforderungen gerecht zu werden, ist die Standardisierung und Digitalisierung in der Rechtsabteilung unumgänglich. Hierzulande noch wenig verbreitet, werden im europäischen Vergleich zunehmend Legal Operations Manager etabliert. Kernaufgabe dieser Legal Operations Manager ist, die Effizienz von administrativen Aufgaben zu steigern, standardisierte Arbeitsabläufe zu automatisieren und die Digitalisierung voranzutreiben. Dabei spielt Legal Tech in der Budgetplanung der Rechtsabteilung eine immer größere Rolle. Rechtsabteilungsverantwortliche entscheiden sich daher häufig für die Aufstockung des Digitalisierungsbudgets; teilweise zulasten des externen Beratungsbudgets.

 

Symbiose wichtiger denn je

Kanzleien agieren als verlängerter Arm der Rechtsabteilungen. Nicht nur werden Kapazitätsengpässe in Unternehmen ausgeglichen, sondern es wird auch fehlendes Know-how zugeliefert. Durch die veränderten Anforderungen an die Rechtsabteilungen wird auch die Zusammenarbeit mit Externen auf den Prüfstand gestellt. Dabei ist erforderlich, die Bedürfnisse und Erwartungen aus der Inhouse-Brille zu verstehen. Rechtsabteiungen wollen nicht länger als Geschäftsverhinderer sondern als Business Enabler wahrgenommen werden. Dazu ist erforderlich, dass Kanzleien und Rechtsabteilungen gleichermaßen an einem Strang ziehen.

 

Was bedeutet das nun für die Verrechnung nach Stundensatz?

Pragmatische und maßgeschneiderte Lösungen zu planbaren Kosten stehen ganz oben auf der Wunschliste an die Kanzleien. Die Verrechnung nach fixen Pauschalen ist dabei ein probates Mittel. Diese Abrechnungsweise fördert nicht nur die Transparenz, sondern erfordert auch eine klare Definition der gewünschten Arbeitsergebnisse vor Projektbeginn. Gemeinsam wird definiert, was erreicht werden soll und welche Schritte dafür notwendig sind. Dieser Ansatz unterstützt eine effiziente Zusammenarbeit und stellt sicher, dass alle Beteiligten ein Verständnis für das Endprodukt haben. Die Verknüpfung der Vergütung an messbare Ergebnisse fördert kreative Lösungen und effizientere Arbeitsweisen. Dabei wird ein direkter Anreiz geschaffen, interne Prozesse einzuführen bzw. zu verbessern und mit innovativen Methoden sowie Tools zu arbeiten – eine Entwicklung, die in den Rechtsabteilungen längst begonnen hat, da diese ebenfalls den Wandel hin zu einer serviceorientierten und digitalisierten Service Unit vollziehen. Gleichzeitig bietet das ergebnisbasierte Abrechnungsmodell eine Chance zur Differenzierung am Markt. Durch eine solche Positionierung intensivieren sich die Beziehungen zu Mandant:innen und Kanzleien etablieren sich langfristig als strategische Partner. Aller Anfang ist schwer, keine Frage! Ein sinnvoller erster Schritt könnte ein Pilotprojekt mit einer ausgewählten Personengruppe oder für klar definierte Leistungen sein, um erste Erfahrungen zu sammeln und Anpassungen vorzunehmen. Eine offene Gesprächskultur mit den Mandant:innen ist unabdingbar. Darüberhinausgehend bietet das Praxishandbuch Rechtsabteilung erschienen 2024 im Linde Verlag tiefgehende Einblicke in die Inhouse-Welt. 

 

 

 

Autorin:

Mag. Stefanie Thuiner

hat langjährige Erfahrung als Unternehmensjuristin und war zuletzt als Rechtsberaterin des Red Bull Headquarters tätig. Aktuell leitet sie die Rechtsabteilung des Logistik-Scale-ups myflexbox.