10 Jahre Unternehmensjurist:innen

 

 

 

 

 

 

 

EMANZIPATION EINES BERUFES. Aus einem Rechtsberuf mit dem Image einer grauen Maus hat sich in den letzten 10 Jahren ein selbstbewusstes Berufsbild entwickelt. Unternehmensjurist:innen verstehen sich als lebendige Dialogpartner für sämtliche Tätigkeitsfelder einer Firma und definieren ihre Arbeit mittlerweile mehrheitlich als „Ermöglicher“, nicht als Verhinderer.

Mag. Eva-Maria Tos                                                                                                                                   

 

Just am Tag nach Österreichs Nationalratswahl trafen sich Unternehmensjurist:innen aus allen Bundesländern in Wien zum diesjährigen Jahreskongress. Die erfreulich hohe Zahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer stand wohl im Zusammenhang mit dem abendlichen Fest. Dazu später. Seit ihrer Gründung vor 10 Jahren bietet die Vereinigung Österreichischer Unternehmensjurist:innen (VUJ) jährlich per Kongress, dazwischen aber auch in Arbeitskreisen, Themen-Impulse rund um spannende Fragen, mit denen Unternehmen aktuell konfrontiert sind. Auch der Jahreskongress 2024 bot wieder eine kompakte Mischung spannender Themen, behandelt entweder von Spezialist:innen aus den eigenen Reihen oder von Profis aus Verwaltung und Wirtschaft. Wegen der auch gesetzlich ständig zunehmenden Bedeutung von ESG (Environmental, Social, Governance) als Kriterien für die Bewertung der Nachhaltigkeitspraktiken beschäftigte sich Wirtschaftsprüfer Christian Steiner mit den zentralen Anforderungen für die Berichterstattung. Karin Lenhard vom Sparkassenverband fokussierte ihren Beitrag auf „ESG im Vertragsrecht“ und auf die Frage, wie ESG in „alte“ Rechtsgebiete hineinspielt. Anwältin und Mediatorin Marie-Agnes Arlt sprach zum kniffligen Thema „Gesellschaftsrechtliche Vertragsgestaltung in der Praxis“.

Gespannte Aufmerksamkeit erntete „Compliance in der Krise – Best Practice Internal Investigations“. Die Korruptionsbekämpferin Louise-Marie Petrovic, Anwältin Erika Stark-Rittenauer und Anwalt Felix Ruhmannseder gaben wertvolle Praxisratschläge für die richtige Gestaltung interner Ermittlungen.

 

Emotions-Punkte

Zwei Programmpunkte erfüllten eine wichtige Doppelfunktion: Unterbrechung der hochkonzentrierten Denk- und Merkarbeit, und gleichzeitig nützliche Emotions-Bildung. Die Business-Trainerin Barbara Covarrubias Venegas schärfte auf humorvolle Weise den Blick auf die Zusammenarbeit von Generationen im Unternehmen: „Von den Boomern bis zur Generation TikTok.“ Ihre Botschaft: Zusammenleben funktioniert umso besser, je genauer die jeweiligen Altersgruppen im Unternehmen die Profile der anderen kennen. Die Referentin lieferte die Charakteristika der Generationen von den Fünfzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts bis zur Gegenwart. Gutes Grundmaterial für ein neues internes Miteinander. Spannend, und damit auch emotional, behandelten die beiden Kommunikationsprofis Josef Kalina und Daniel Kapp die Frage „Verurteilt ohne Richter?“ Sie führten ein in die Methodik der Litigation-PR: „Was kann man tun, um Reputationsschäden und mediale Vorverurteilung bei öffentlichen Verfahren zu mildern?“ Gerade hier zeigte sich die neue Spannweite der Jurist:innen in Unternehmen: Ihr Platz ist schon lange nicht mehr nur am Vertragsschreibtisch oder bei Gericht, sondern wesentlich auch in der vorbeugenden juristischen Betreuung. Es gilt, Probleme möglichst bereits im Vorfeld zu erkennen und geeignete prophylaktische Maßnahmen zu ergreifen.

 

Hoch die Tassen!

Die Freude an dem seit 10 Jahren erarbeiteten Status ließen sich die Unternehmenjurist:innen am Abend ihres Jahreskongresses in der Cafeteria des Justizpalastes deutlich anmerken. Knappe Gesichtsbeschau, kurzes Schulterklopfen und dann viele fröhliche Gespräche sowie ausgelassene Party. Es mag ein gutes Zeichen für die nächsten Entwicklungsjahre sein, dass AMS-Chef Johannes Kopf als Disc-Jockey die „Wuchteln“ auflegte. Ad multos annos!