ÖRAK-Präsident Dr. Armenak Utudjian berichtet im Gespräch mit Anwalt Aktuell von Veränderungen im Präsidium des ÖRAK und warnt vor den Folgen der jüngsten Gerichtsgebührenerhöhung für den Rechtsstaat
Dr. Armenak Utudjian
Präsident des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages (ÖRAK)
Anwalt Aktuell: Herr Präsident, der Österreichische Rechtsanwalts kammertag hat seit kurzem einen neuen Vizepräsidenten. Was können Sie uns darüber berichten?
Dr. Armenak Utudjian: Ja, das ist korrekt. Unser langjähriger Vizepräsident Hon.-Prof. Dr. Bernhard Fink wurde im Herbst letzten Jahres zum Präsidenten der Rechtsanwaltskammer für Kärnten gewählt und wird sich künftig gänzlich auf diese wichtige Aufgabe konzentrieren. Als sein Nachfolger wurde Ende März Kollege Dr. Rupert Manhart aus Vorarlberg in das Präsidium des ÖRAK gewählt. Dr. Manhart bringt umfassende Erfahrung und Expertise mit, die für unsere Arbeit von großem Wert sein werden. Ich freue mich sehr auf die Zusammenarbeit mit ihm und danke Bernhard Fink für seinen jahrelangen, großen Einsatz im ÖRAK.
Anwalt Aktuell: Die jüngste Erhöhung der Gerichtsgebühren um durchschnittlich 23 % zum 1. April 2025 sorgt für Diskussionen. Wie beurteilen Sie diese Maßnahme?
Dr. Armenak Utudjian: Diese drastische Gebührenerhöhung sehen wir mit großer Sorge. Aufgrund des Aussetzens der Indexanpassung in den letzten Jahren, kommt es nun zu diesem großen Sprung, den der Gesetzgeber allerdings abfedern hätte können. Denn: Österreich ist bereits jetzt mit einem Gebühren-Deckungsgrad von 117 % europäischer Spitzenreiter, was bedeutet, dass die Justiz mehr einnimmt, als sie ausgibt. Eine weitere Anhebung erschwert den Zugang zum Recht für viele Bürgerinnen und Bürger erheblich. Hinzu kommt noch der allgemeine Spardruck, der auch vor der Justiz nicht haltmacht.
Anwalt Aktuell: Wo sehen Sie in der Justiz Einsparpotential?
Dr. Armenak Utudjian: Wo man in der Justiz bis zu 15 % der Kosten einsparen soll, ohne dass es zu einer massiven Verschlechterung der Rechtsstaatlichkeit kommt, dafür fehlt mir die Phantasie. Im Gegenteil, die Richterschaft fordert aktuell völlig zu Recht neue Planstellen, um die stetig anwachsenden gerichtlichen Aufgaben bewältigen zu können. Wenn die Justiz aufgrund der hohen Gerichtsgebühren schon einen Gewinn erwirtschaftet, dann müssen diese Überschüsse auch dem Justizbetrieb zugutekommen und dürfen nicht in das allgemeine Budget fließen.
Anwalt Aktuell: Welche konkreten Auswirkungen der Gebührenerhöhung erwarten Sie für den Rechtszugang der Bevölkerung?
Dr. Armenak Utudjian: Die erhöhten Gebühren könnten insbesondere Personen mit niedrigem und mittlerem Einkommen davon abhalten, ihre Rechte gerichtlich durchzusetzen. Nämlich jene, die über der für die Gewährung von Verfahrenshilfe relevanten Einkommensgrenze liegen. Andererseits ist auch mit einer Zunahme der Verfahrenshilfen zu rechnen. Insgesamt ist das eine Tendenz, die uns überhaupt nicht gefällt und die wir für rechtsstaatlich sehr problematisch halten. Die Justiz läuft Gefahr, sich schrittweise selbst abzuschaffen. Frei nach Jabloner könnte man sagen, ein schleichender Suizid der Justiz.
Anwalt Aktuell: Gibt es aus Ihrer Sicht weitere problematische Aspekte bei der aktuellen Gebührenstruktur?
Dr. Armenak Utudjian: Ja, insbesondere die fehlende Deckelung bei hohen Streitwerten ist problematisch. Dies kann zu exorbitanten Gebühren führen und letztlich den Wirtschaftsstandort Österreich beeinträchtigen. Zudem stehen beispielsweise die Eintragungsgebühren im Grundbuch von 1,1 % des Kaufpreises in keinem angemessenen Verhältnis zur erbrachten Leistung.
Anwalt Aktuell: Welche Forderungen stellt der ÖRAK in diesem Zusammenhang?
Armenak Utudjian: Wir fordern eine umfassende Überarbeitung der Gebührenstruktur, um eine gerechtere Regelung zu schaffen. Auch das Regierungsprogramm sieht dies vor. Zudem sollte sicher gestellt werden, dass die Einnahmen tatsächlich der Justiz zugute kommen und nicht zur Budgetkonsolidierung verwendet werden. Auch die automatische Valorisierung der Gebühren sollte überdacht werden, um übermäßige Belastungen für Rechtsuchende zu vermeiden.