Österreich neu denken

 

 

 

 

 

 

 

REICH, ABER ARM. Österreich ist das viertreichste Land in der EU. Momentan schau’n wir allerdings ziemlich arm aus. Das Budget kracht wie ein Kaisersemmerl und die Aussichten sind nicht gut. Jetzt wäre dringend geboten, reinen Wein einzuschenken. Die Politik rechnet, statt anzufeuern. Sparen könnte man bei Pensionen, Förderungen und Feiertagen.                                                                      Dietmar Dworschak                                                                                                                                    

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Wenn eine Wirtschaftsforscherin im ORF-„Report“ (unwidersprochen) sagt, dass 40 Prozent des Staatsbudgets als Zuschüsse für die Pensionen verwendet werden, dann müsste eigentlich rundherum allen alles klar sein. In diesem Moment kann es doch (auch in der SPÖ) niemanden mehr geben, der nicht mit aller Kraft eine sofortige Änderung des österreichischen Pensionssystems fordert. Es ist eigentlich unvorstellbar, dass nach dieser Erkenntnis noch allen Ernstes eine Frau vor ihrem 60. bzw. ein Mann vor seinem 65. Geburtstag „in Rente“ geht. Von der

Sozialministerin müssten noch am selben Tag alle SachbearbeiterInnen der PVA verpflichtet werden, jeden Antrag auf „Frühpension“ oder „Korridorpension“ abzuweisen. Es sollte selbstverständlich sein, dass am Tag darauf alle drei Regierungsparteien den Gesetzesentwurf für die Erhöhung des Rentenalters auf 67 (63) Jahre beschließen – und „zur Rettung des Staates“ die Parlamentsmehrheit zur Durchsetzung des Beschlusses organisieren. Inkrafttreten nicht 2047, sondern 2027! Was wird stattdessen gemurmelt? „Do traut sich die Politik ned drüber…“ Frage: Traut sie sich aber, den Staat in den Abgrund zu führen? Hält die Politik die Bürger für zu dumm, zu verstehen, was passiert, wenn nichts passiert?

 

Selbstbehalt statt Selbstbedienung

Die Schönwetter-Verteilungspolitik der vergangenen Jahre hat Bürgerinnen und Bürger satt und selbstgefällig gemacht. Von der Bildungskarenz über die maßlose Förderung von PV-Anlagen auf jedem Eigenheim-Dach bis zum Klimaticket usw. hat uns das Füllhorn zu geschüttet, bis wir watschelnass, die Staatskassen leer und die Züge komplett überfüllt waren. Das allgemeine Reflexdenken der Menschen im Lande verlor den Hausverstand und segelte in Richtung „Her damit!“ Wer würde denn nein sagen, wenn’s eh so leicht geht… Durch viele kleine und größere Geschenke wurde Österreich zur „Gute-Laune“- und Selbstbedienungs-Republik. Heizungstausch gefällig? Eh klar. In einem TV-Bericht schaut der Renovierer seines Eigenheims zufrieden in die Kamera: 70 Prozent der Kosten hat er „vom Staat“ bekommen. Geht’s noch? Ja, es ging noch. Bis zum „Kassasturz“. Der nun fällige Umerziehungsprozess muss die Republik verändern, sonst wird’s schwierig. „Selbstbehalt“ statt „Selbstbedienung“ wird die Devise lauten müssen. Beispiel: Gesundheitswesen und Freizeit. Dass bei mehr oder weniger harmlosen Beschwerden der große Siemens- Scanner für eine Magnetresonanz-Untersuchung angeworfen wird – soll sein! Wenn die Patientin, der Patient sich an den Kosten beteiligt. „Selbstbehalt“ ist das magische Wort! Bevor einer von 24 Hubschraubern in Tirol aufsteigt, weil Susi Sorglos mit glatten Turnschuhen ein paar Meter ausgerutscht ist und über Abschürfungen klagt, muss Susi gefragt werden, ob sie sich an den Kosten der Helikopterbergung beteiligt. Österreich neu denken! Knöpfe umlegen! Verhältnisse schaffen, wie sie in nüchtern rechnenden Ländern das Budget schonen und mit helfen, Wirtschaftswachstum zu erzielen. Die Abzocke beenden, indem vor jeder „Förderung“ das kleine Schild mit „Selbstbehalt“ steht. Es müssen keine Riesenbeträge sein. Es geht um die Symbolik! Wie bei einem Kasko-Vertrag fürs Auto: Da ist der Selbstbehalt eine kleine Warnung! Sei vorsichtig, vermeide den Schaden, auch wenn wir ihn bezahlen! Und tatsächlich. So etwas wirkt, selbst wenn es bei einem größeren Vorfall „nur“ 300 Euro sind. Im Hinterkopf denkt man automatisch: Pass auf! Es ist ein gutes Zeichen, dass der Präsident des Gemeindebundes, Johannes Pressl, im Ö1-Morgenjournal vom 3.4. den Gedanken des Selbstbehalts klar anspricht.

 

Feiertage und Fenstertage

Mit 13 Feiertagen gehört Österreich zu den offenbar gläubigsten Regionen Europas. Aus den jährlich veröffentlichten Kirchenaustrittszahlen erkennt man allerdings, dass die spirituelle Substanz schwindet. Warum also nicht auf einen der Mai-Feiertage sowie auf Ostermontag und Pfingstmontag verzichten? In Analogie zu einer entsprechenden Berechnung für Deutschland ergäbe sich in Österreich eine potentielle Einsparungssumme von rund 2,6 Milliarden Euro. Darin noch nicht berücksichtigt sind die volkswirtschaftlichen Verluste, die durch „Optimierung“ der Fenstertage in Richtung sieben Wochen Jahresurlaub verursacht werden. Angesichts der Tatsache, dass Österreich momentan die schlechteste Wirtschaftsentwicklung aller 27 Länder der Europäischen Gemeinschaft produziert, sollte auch die Frage gestattet sein, ob das Zukunftskonzept unseres Landes weiter bei einer der geringsten Wochenarbeitszeiten des Kontinents liegt. Es ist gut und gibt Hoffnung, dass Bund, Länder und Gemeinden sich bereits zusammensetzen, um gemeinsame Sparpotentiale quer durch die Republik auszuforschen. Parallel dazu müsste sofort begonnen werden, den Bürgerinnen und Bürgern einen klaren, wenn auch etwas sauren Wein einzuschenken: Mehr und länger arbeiten, weniger Selbstbedienung am Staat. „Do traut sich die Politik ned drüber“ kann nicht länger nationale Ausrede sein.