„Österreich und Deutschland wieder ein Stück näher“


 

Anlässlich ihres 30 ­jährigen Beste­hens fand am 15. und 16. November die Jahrestagung der

Deutsch-Österreichischen Juristenvereini­gung DÖJ in Passau statt. Ralf Nieke von der Kanzlei Prof. Gerauer Rechtsanwälte und der Passauer Anwaltverein mit Rechtsanwalt Se­bastian Kahlert präsentierten ihre Stadt von der besten Seite und so war das Juristentref­fen laut einhelliger Meinung aller Anwesen­ den ein „Riesenerfolg“. Die über 70 Teil­nehmer wurden von der Präsidentin des Landgerichts EvaMaria Kaiserleucht emp­ fangen. Bei deren fachkundiger Führung durch die alte Residenz der Passauer Fürstbi­schöfe erfuhren die Besucher Interessantes aus der Geschichte der ehemaligen Reprä­sentationssäle, aber auch von der Schwierig­keit, dort eine zeitgemäße Ausstattung mit der heute erforderlichen Technik für Zivil­ und Strafprozesse unterzubringen. Die Bausün­den der 70er Jahre wolle man nicht wiederho­len, so die Präsidentin. Die eigentliche Tagung der Deutsch-­Öster­reichischen Juristenvereinigung DÖJ fand auf der Veste Oberhaus in Passau statt – wie bereits die erste Tagung im Jahre 1989. Dr. Oliver Gerson, Habilitand an der Universität Passau machte mit dem Vortrag „Die Sprache der Sprachlosen“ den Anfang. Ausgehend vom Fall „Maurice“ beleuchtete er das Phä­nomen der Jugendgewalt unter rechtswis­senschaftlichen, psychologischen und sozio­logischen Aspekten. Eine der zahlreichen Erkenntnisse: Gewalt ist immer (auch) ein Kommunikationsproblem. Kommunikation und alternative Konfiktlö­sungen wie Mediation waren der rote Faden zu den folgenden Vorträgen „Strategische Rechtsanwendung“ des Münchener Rechts­anwalts Michael Dudek und „Betriebliche Antworten auf Stress, Erschöpfung und Burnout“ des Arbeits-und Organisationspsychologen Dominik Hammer. Marinda Seisenberger, Personalchefin der Passauer ICUnet Group, Marktführer im Bereich interkulturelle Zusammenarbeit, kon­frontierte die Tagungsteilnehmer mit den Vorstellungen und Wünschen der heutigen Arbeitssuchenden. Der klassische Anwalt in Anzug und Krawatte wirke auf sie eher abschreckend. Provokante Thesen, die zu einer lebhaften Diskussion führten. Prof. Dr. Florian Eder, Rechtsanwalt in Frei­lassing, gab den Teilnehmern wertvolle Hin­weise, wie man im Fall einer polizeilichen Durchsuchung im Unternehmen als Betroffener richtig reagiert: Ruhe bewahren und den anwaltlichen oder steuerlichen Berater informieren. Damit alle Mitarbeiter wissen, was zu tun ist, empfehlt Eder, vorsorglich einen Ablaufplan zu erarbeiten. Dr. Christian Pindeus Rechtsanwalt in Wels berichtete über „Legal Tech“, also die zuneh­mende Digitalisierung der juristischen Ar­beit. Demnach werden einzelne Arbeitspro­zesse, aber auch ganze Rechtsdienstleistun­gen, vermehrt automatisiert ablaufen. Die Anwendungsmöglichkeiten sind vielfältig und reichen von der Prozessoptimierung über Kanzleimarketing bis hin zur Mandantenakquise. Künstliche Intelligenz sei zwar in aller Munde, aber doch auch ein großer Hype. Anwälte und Richter könnten jeden­falls in absehbarer Zeit nicht ersetzt werden. Mit dieser beruhigenden Botschaft und der Erkenntnis, dass „ein gutes Netzwerk für je­den Juristen unerlässlich“ ist, schloss der Rechtsanwalt und Vizepräsident Ralf Nieke die Tagung. Die nächste Jahrestagung findet am 14. November 2020 in Salzburg statt. Informationen unter www.doejev.de.