Soll die BWB an die Kandare?

DR. THEODOR THANNER, seit 13 Jahren Generaldirektor der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB),

wehrt sich gegen die geplante Beschneidung der Unabhängigkeit seiner Behörde

 

EINSPRUCH. Österreichs oberster Wettbewerbswächter Theodor Thanner ist beunruhigt. Die Regierung sei dabei, der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) Kompetenzen zu entziehen bzw. bürokratische Hürden zur Behinderung der täglichen Arbeit zu errichten. „Ich kann nur zur Wachsamkeit aufrufen und vertraue darauf, dass der Rechtsstaat hilft“ sagt der Behördenleiter.

 

Seit etwa zwei Jahren betreibt die Bun­ deswettbewerbsbehörde (BWB) in Ko­operation mit der Wirtschafts­ und Korruptionsstaatsanwaltschaft Ermittlungen zum Thema „Kartelle am Bau“. Rund 50 Baufirmen stehen im Fokus der Untersuchungen, Bau­vorhaben wie Tunnelbauten oder Krankenhaus­sanierungen bis zurück ins Jahr 2003 werden aufgerollt. Beim untersuchten Bauvolumen geht es finanziell um rund eine Milliarde Euro. Es könnten Preisüberhöhungen von 10 bis 15 Pro­zent festgestellt werden erfährt man unter der Hand. Rekordstrafen stehen in Aussicht. Just im aktuellen Untersuchungszeitraum kommt Ge­genwind aus dem Wirtschaftsministerium.

 

Kontrolle unwillkommen?

Mit Antritt der Regierung Türkis­blau wurde das Arbeitsklima für die BWB zunehmend frostiger. Dr. Theodor Thanner, Generaldirektor für Wett­bewerb wartete ein geschlagenes halbes Jahr auf einen Termin bei der Wirtschaftsministerin, de­ren Willkommensgruß dann lautete: „Ah, Sie haben ja eh schon gegen mich ermittelt“

(in Sa­chen Telekom). Woher der Wind also wehte spür­te Thanner beim Antrittsbesuch sehr rasch: „Mein Eindruck war, dass das Mindset hier lau­tete: ‚Kontrolle schadet der Wirtschaft‘“. Immerhin war die BWB in den letzten Jahren ei­nigen Branchen empfindlich auf die Zehen ge­stiegen. Die 30-­Millionen­Strafe für SPAR und das dreistellige Millionen-­Inkasso nach Identifzie­rung des „Aufzugs­-Kartells“ dürften in manchen Vorstandsetagen für ungünstige Stimmung ge­sorgt haben.

 

Bürokratische Schikanen

Da die BWB im Bereich des Wirtschaftsministe­riums angesiedelt ist bestehen einige Möglich­keiten, den Kartellwächtern das Leben bürokra­tisch schwer zu machen. Generaldirektor Than­ner verweist etwa darauf, dass für die Mitar­beiterweiterbildung ein viel zu niedriges Budget veranschlagt wurde. 130 Euro pro Mitarbeiter pro Jahr! Es wurden aber auch Methoden gefunden, die tägliche Arbeit im BWB zu boykottieren: „Wenn ein Mitarbeiter neun Monate keinen Ausweis be­kommt, den er aber für eine Hausdurchsuchung braucht, dann frage ich mich schon, welche Ab­sicht dahinter steckt“ meint Thanner. Und auch der Plan des Ministeriums, ihn zu einem monat­lichen „Jour fixe“ einzubestellen, bei dem er über laufende Verfahren der BWB zu berichten habe, gehört laut Theodor Thanner nicht zu den Maß­nahmen, die die Unabhängigkeit seiner Behörde stärken. Auch in der Amtszeit der so genannten Übergangsregierung habe sich die Atmosphäre nicht verbessert, stellt er fest. Und fügt hinzu: „Sollten die Behinderungen weitergehen, werde ich dem Parlament darüber berichten.“

 

Gesetzesentwurf geplant

Beim Gang ins Parlament könnte Dr. Thanner auch gleich erfahren, wie weit ein Gesetzesent­wurf gediehen ist, der einen Teilbereich der BWB, die internationale Verbraucherbehördenkoope­ration, der Weisung des Wirtschaftsministeriums unterstellen möchte. Für die türkis-­grünen Koalitionsgespräche entsteht hier ein Thema mit beträchtlichem Konfrontations­potenzial. Transparenz versus Message­-Control. BWB-­Generaldirektor Theodor Thanner: „Wer die Aufklärung behindert, macht sich zum Komplizen. Kartellierung ist eine Form von Korruption.“