STUDIE. Ende November präsentierte das Ludwig Boltzmann Institut für Menschenrechte die „UN Global Study on Children Deprived of Liberty.“ Manfred Nowak, Leiter der UN-Studie, ruft auf, die Zahl der inhaftierten Kinder drastisch zu senken.
Über 7 Millionen Kinder sind weltweit ihrer persönlichen Freiheit beraubt: in Straf, Untersuchungs, Polizei oder Schubhaft oder in speziellen Einrichtungen für Kinder. Dies widerspricht der UN-Kinderrechtskonvention, die den Freiheitsentzug bei Kindern nur als letztes Mittel zulässt, wenn alle Alternativen ausgeschöpft sind. Das Inkrafttreten der Konvention jährt sich am 20. November zum 30. Mal. „Kinder haben ein grundsätzliches Recht auf persönliche Freiheit. Deshalb müssen Staaten Lösungen finden, die nicht mit Haft verbunden sind“, so Manfred Nowak, Leiter der UN Global Study on Children Deprived of Liberty1, die am 20. November im Rahmen einer Pressekonferenz des Ludwig Boltzmann Instituts für Menschenrechte präsentiert wurde.
Schwache Überprüfung
Die Studie wurde in Zusammenarbeit mit internationalen Forschungsgruppen und Organisationen wie dem
UN-Hochkommissariat für Menschenrechte, UNICEF, UNODC und IOM, mit zahlreichen Universitäten sowie mit ca. 170 nichtstaatlichen Organisationen wie Human Rights Watch, DCI International, terre des hommes oder SOS Kinderdorf International durchgeführt und vom Ludwig Boltzmann Institut für Menschenrechte koordiniert. Die Erhebungen basieren auf einem umfangreichen Fragebogen mit Rückmeldungen von 92 nationalstaatlichen Regierungen sowie einer qualitativen Befragung von 274 Kindern und Jugend lichen im Alter von 10 bis 24 Jahren. Die UN-Studie belegt, wie schwach Monitoring mechanismen zur Überprüfung jeglicher Form staatlicher Unterbringung von Kindern in vielen Ländern ausgestaltet sind, und nimmt die UN-Mitgliedstaaten mit konkreten Handlungsempfehlungen in die Pflicht. „Mit Hilfe dieser Studie ist jedes Land dazu in der Lage, freiheitserhaltende Richtlinien und Praktiken zu übernehmen. Die Studie bietet konkrete Empfehlungen und Maßnahmen, um die Zahl der eingesperrten Kinder drastisch zu reduzieren“, so Manfred Nowak.
Aktuelle Empfehlungen
So sollen Staaten etwa die irreguläre Einreise von Kindern entkriminalisieren, die Inhaftierung von Kindern im Zusammenhang mit Asyl und Migration beenden und stattdessen freiheitserhaltende Lösungen anwenden. Auch eine umfassende Deinstitutionalisierung wird gefordert, das heißt, die Bereitstellung von familienähnlichen Strukturen für Kinder, die nicht in ihren Familien aufwachsen können. In Österreich werden etwa 10.000 Kinder staatlich festgehalten und sind von Freiheitsentzug betroffen; einer Form der strukturellen Gewalt, zu deren Beseitigung sich Staaten gemäß der Kinderrechtskonvention wie auch im Rahmen der Nachhaltigkeitsziele (SDG 16.2) verpflichtet haben. „Ein Nationaler Aktionsplan für Kinderrechte (NAP) wäre in Österreich wünschenswert. Denn keines der Kinderrechte lässt sich isoliert verwirklichen. Es braucht ein Zusammenspiel von Politik,
Verwaltung, Einrichtungen, Forschung, Zivilgesellschaft und Medien. Und von Erwachsenen und Kindern“, so Kinderrechtsexperte Helmut Sax, Ludwig Boltz mann Institut für Menschenrechte. Das Ludwig Boltzmann Institut für Menschenrechte arbeitet aktuell an einem Toolkit für die Umsetzung der Empfehlungen der Studie auf nationalstaatlicher Ebene. „Das praxisorientierte Toolkit wird Regierungen rund um den Globus in die Lage versetzen, die Empfehlungen der UN Global Study effektiv umzusetzen“, so Manfred Nowak abschließend.