„Es ist etwas kompliziert, aber dann wieder ganz einfach: Weit rechts stehende Politiker wie der FPÖ-Europaabgeordnete Harald Vilimsky (,EU-Wahnsinn‘) wollen nicht, dass sie weit rechts stehend genannt werden. Wenn es doch passiert, gehen sie auf persönliche Rachefeldzüge gegen ORF-Mitarbeiter“ (Standard am 22. Jänner 2025). Was ist passiert? Eine ORF-Mitarbeiterin (News-Producerin) hat an den Pressesprecher der „Patrioten“-Fraktion eine Interviewanfrage geschickt und dabei den Begriff „far right“ („weit rechts stehend“) verwendet. Daraufhin stellte Vilimsky die persönlichen Daten der jungen Frau auf X und lud damit Internetnutzer und daher Teilnehmer in allen sozialen Medien zu Reaktionen ein.
Dr. Alix Frank-Thomasser
Die Gelegenheit für einen genauen Blick auf eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (OGH, 26.04.2024, 6 Ob 210/23k), die den sogenannten Shitstorm einer juristischen Prüfung unterzogen hat. Was ist dort passiert? – Ein Polizist stand im Februar 2021 bei einer Demonstration gegen Covid-19-Maßnahmen im Einsatz und wurde dabei fotografiert bzw gefilmt. Ein Dritter veröffentlichte das Video in einem sozialen Medium (Facebook) mit folgendem Untertitel: „Lasst dieses Gesicht des Polizisten um die Welt gehen. Dieser Polizist eskalierte bei der Demo in I*. Ein 82-jähriger unschuldiger Mann wurde zu Boden gerissen, verhaftet, und stundenlang verhört. Dieser Polizist ist schuldig.“ Tatsächlich war der Kläger damals (nur) Glied einer polizeilichen Absperrkette gewesen und hatte nicht an der Amtshandlung gegenüber dem 82-jährigen Mann teilgenommen. Das zitierte Posting des Dritten löste einen wahren Shitstorm aus, der den Polizisten in der breiten Öffentlichkeit äußerst negativ anprangerte. An die 406 Personen teilten das besagte Posting. Die Hauptfrage des Verfahrens vor dem Höchstgericht war daher, inwieweit aufgrund eines Shitstorms im Internet unter Verletzung von Daten- und Bildnisschutz Ersatz für immateriellen Schaden zusteht. Der Polizist konnte sich in diesem Verfahren noch nicht auf § 16 ECG („Schadenersatz bei Hass im Netz“) idF des DSA-Begleitgesetzes (BGBl I 2023/182) stützen. Unzweifelhaft – so der OGH – handelt es sich bei einem (Digital-)Foto, auf dem die Person erkennbar ist gem. Art 4 Z 1 DSGVO und § 36 Abs 2 Z 1 DSG um „personenbezogene Daten“. Mit dem Bedeutungsinhalt des Postings, ein Polizeibeamter habe einen Amtsmissbrauch begangen bzw. völlig unangebrachte Gewalt ausgeübt, wurde dem Polizisten durch die rechtswidrige Veröffentlichung seiner personenbezogenen Daten ein unehrenhaftes und gegen die guten Sitten verstoßendes Verhalten unterstellt, das geeignet ist, ihn in der (breiten) öffentlichen Meinung verächtlich zu machen oder herabzusetzen, und somit eine Äußerung verbreitet, die den objektiven Tatbestand der üblen Nachrede erfüllt (§ 111 Abs 1 und 2 StGB). Im zitierten Verfahren wurde dem Polizisten nicht unerheblicher Schadenersatz für den erduldeten Imageschaden seiner Person letztlich zugesprochen.
Das eingangs beschriebene Vilimsky Posting wäre daher heute einer Prüfung nach den Bestimmungen des „Hass-im-Netz-Bekämpfungsgesetz“ zu unterziehen. Ein Gesetz, das seit 1.1.2021 einen weitaus effektiveren Schutz als bisher vor Hasspostings im Internet gewährt. Zurück zu Frauen in den Medien. Journalismus, so definiert der moderne Brockhaus Wikipedia, ist eine „professionelle Fremdbeobachtung verschiedener Gesellschaftsbereiche. Themen mit Aktualität, Faktizität und Relevanz stellt er durch Publikation für die öffentliche Kommunikation zur Verfügung“. Diese Aufgabe, die nicht selten einer Berufung gleichkommt, erfüllen Journalisten und Journalistinnen für uns alle im Sinne einer transparenten und funktionierenden Demokratie, in der freie Meinungsäußerung einer der wesentlichsten Grundpfeiler ist. Wenn Journalist:innen, wie jene eingangs Erwähnte, durch das Posting ihrer persönlichen Daten in der breiten Öffentlichkeit unter Druck gesetzt werden, ist die Botschaft des Posters eindeutig: „Wenn Du weiter recherchierst, dann wirst Du …“. Das „Hass-im-Netz-Bekämpfungsgesetz“ war längst fällig wenn man sich die soweit bekannten öffentlich diskriminierenden Journalist:innenfälle vor Augen führt. Egal ob Hanna Herbst (alias „hübsche Hass-Hanna“ im Netz) in ihrer Rolle als stv. Chefredakteurin von VICE Austria öffentlich angeprangert wurde, oder am 20. Jänner 2024 unter einem Foto von Armin Wolf ein Mordaufruf gegen Mitarbeiter des ORF gepostet wurde: Wir müssen alle gemeinsam etwas gegen das versuchte „Silencing“ einer freien Presse tun. Unter dem Leittitel WomenInLaw-WomenInMedia -Diskriminierung, eine reale Gefahr für die Demokratie diskutiert am 21.5.2024 die The Initiative Women in Law – Frauen im Recht www. womeninlaw.info mit der Columna V https:// columna-v-vertrauensstelle.squarespace.com/ vor allem auch zum Thema Hasspostings.