Honorare: Die ersten Schritte zu alternativen Abrechnungsmodellen

 

 

 

 

 

EXTERN ODER INTERN? 52% – ein neuer Höchststand bei der Insourcing-Quote. Rechtsabteilungen entscheiden sich vor allem in den Bereichen Vertrags-, Datenschutz-, Gesellschaftsrecht und Compliance zur internen Bearbeitung. Die hohe Insourcing-Quote gepaart mit einem starken Ausbau der Legal Operations Teams führte 2023 zu einem Rückgang der externen Kosten von 27% im Vergleich zum Jahr 2021.

Stefanie Thuiner                                                                                                                                                            

 

Zurecht wird die Frage aufgeworfen, wie sich juristische Rollen durch den Einsatz künstlicher Intelligenz entwickeln werden. Rechtsabteilungen scheinen den Digitalisierungstrend für sich erkannt zu haben. 73 % der Unternehmen haben ein Legal Operations Team eingeführt oder planen, ein solches zu etablieren, das insbesondere die Optimierung von Prozessen und den Einsatz innovativer Tools vorantreibt. Bereits im Jahr 2023 erreichten Rechtsabteilungen eine 10%ige Kosteneinsparung und einen 20%igen Effizienzgewinn durch Legal Tech.. Ein Wandel zu einem neuen Verständnis der anwaltlichen Leistungserbringung samt Abrechnungsmodellen erscheint unumgänglich. 

 

Die Notwendigkeit alternativer Abrechnungsmodelle

Die Abrechnung nach Stunden prägt das Bild der Rechtsbranche. Dennoch werden immer mehr Stimmen laut, die behaupten, dass dieser Ansatz nicht mehr zeitgemäß ist. Mandanten fordern zunehmend Transparenz und Vorhersehbarkeit. Zeitgleich ermöglicht der technologische Fortschritt effizientere Arbeitsweisen, wodurch der reine Zeitaufwand als alleiniger Preisbildungsfaktor an Bedeutung verliert. Abrechnungsmodelle wie Pauschalen, erfolgsbasierte Vergütungen, Abonnements oder hybride Ansätze bieten Möglichkeiten, sich auf diese veränderten Erwartungen einzustellen. Doch wie kann die Umstellung gelingen?

 

Grundvoraussetzungen für die Einführung neuer Modelle

Unabhängig vom Modell, ist eine Analyse des eigenen Leistungsportfolios unerlässlich. Es gilt, klar zu definieren, welche Leistungen angeboten werden, welche Tätigkeiten darunterfallen und welche explizit ausgeschlossen sind. Dabei reicht es nicht aus, die in der Vergangenheit für ähnliche Vorgänge aufgewendete Zeit mit einem Stundensatz zu multiplizieren, um eine Pauschale für zukünftige Anfragen zu errechnen. Vielmehr müssen zusätzliche Preisfaktoren berücksichtigt werden, wie etwa die Markt- und Wettbewerbssituation, die Möglichkeit zur Wiederverwendbarkeit, der geschaffene Mehrwert, die Komplexität und Priorität der Leistung, das eingegangene Risiko sowie weitere relevante Einflussgrößen. Eine erfolgreiche Umstellung setzt voraus, dass Kanzleien ihre internen Prozesse grundlegend analysieren und optimieren. Dabei geht es nicht nur darum, den Abrechnungsprozess neu zu gestalten, sondern auch die Leistungserbringung selbst effizienter zu machen. Standardisierung, Automatisierung und Digitalisierung spielen hierbei eine zentrale Rolle.

Die Einführung neuer Vergütungsmodelle stellt auch eine kulturelle Herausforderung dar. Ein gut durchdachtes Change Management ist entscheidend, da ein neues Vergütungssystem tief in die gewohnte Arbeitsweise eingreift und auch interne Bewertungsmaßstäbe z.B. für Prämienzahlungen betrifft. Mandanten und Mitarbeitende müssen den Mehrwert verstehen und Vertrauen in die neuen Ansätze entwickeln. Transparente Kommunikation ist dabei entscheidend. Darüber hinaus können Schulungen und Workshops dazu beitragen, Mitarbeitende für die neuen Modelle zu sensibilisieren. Ebenso wichtig ist die Einbindung der Mandanten, um sicherzustellen, dass ihre Erwartungen erfüllt werden. Das Ende der abrechenbaren Stunden ist nah – alternative Abrechnungsmodelle bieten enorme Chancen, sich am Markt zu differenzieren, Kundenbindung zu stärken und Effizienz zu steigern. Mit einer klaren Strategie und einer offenen Kommunikation können Kanzleien den Wandel erfolgreich bewältigen

 

KATHARINA BISSET

ist selbstständige Rechtsanwältin in NÖ, Co-Founderin der Nerds of Law und NetzBeweis sowie Mitglied des Disziplinarrats der RAKNÖ. Gemeinsam bieten die Autorinnen einen Workshop zum Thema alternative Abrechnungsmodelle an: https://www.nerdsoflaw.com/ noledge/#abrechnungsmodelle